Fotos: © JOANNEUM RESEARCH/Bergmann (2) | Circa alle 100 Meter werden die Mikrophone in Tunnel installiert.

Alarm in weniger als einer Sekunde

Stellen Sie sich folgende Situation vor: In einem Tunnel fährt ein Fahrzeug einem anderen auf, es kracht. In weniger als einer Sekunde ist die Leitzentrale des Tunnels bereits über den Vorfall informiert und kann Sicherheitsmaßnahmen einleiten. Das funktioniert deswegen so schnell, weil akustische Sensoren direkt auf das Ereignis reagieren können und unfallspezifische Geräusche sofort melden. Andere Sicherheitseinrichtungen wie zum Beispiel Videoüberwachungen im Tunnel können meist nur auf die Folgen des Ereignisses, wie z. B. stehengebliebene Fahrzeuge, Stau oder Rauch reagieren. Daher können Tunnel-Ohren durch die extrem kurzen Reaktionszeiten Leben retten.

In Österreich sind bereits 30 Tunnel mit dem System AKUT® ausgestattet, das von Franz Graf und seinem Team der JOANNEUM RESEARCH entwickelt wurde. Die JOANNEUM RESEARCH hat seit 2014 einen Rahmenvertrag mit der ASFINAG und stattet nach und nach Österreichs Tunnel mit „Ohren“ aus.  Aktuell wird die elektromaschinelle Ausrüstung der S1 Wiener Außenring Schnellstraße zwischen Vösendorf und Schwechat in den Tunnel und im Freiland saniert. Darunter sind die beiden längsten Tunnel Vösendorf mit 822 Meter und Rannersdorf mit knapp zwei Kilometern, in denen etwa alle 100 Meter Mikrofone angebracht wurden, die selbst kritische Geräusche wie einen Aufprall, quietschende Reifen, Türschlagen, Hupen oder menschliche Stimmen erkennen und blitzschnell vollautomatisch Alarm schlagen.

Was sind die Vorteile von akustischen Sensortechnologien im Vergleich zu anderen Sensortechnologien?

Die „künstliche“ Nachbildung der menschlichen Wahrnehmung und ihrer Sinne ist eines der großen Ziele von Forscher*innen. Das technische Pendant des Gehörsinns sind akustische Sensoren. Diese haben technologisch viele Vorteile und ergänzen – wie auch bei der menschlichen Wahrnehmung – die anderen Sinne, beziehungsweise die Sensoren. Mit akustischen Sensoren kann man im Gegensatz zu Videokameras „um die Ecke hören“. Sie funktionieren bei Dunkelheit, Nebel und Rauch genauso wie bei schönem Wetter und Gegenlicht. Das sind ganz entscheidende Eigenschaften im realen Einsatz und 24/7-Betrieb. Des Weiteren sind sie sehr klein, kostengünstig und die Bandbreite der Signale ist geringer als beispielsweise bei Videokameras, wodurch man Audiosignale auch einfacher mit Embedded-Systemen oder in größerer Anzahl parallel mittels künstlicher Intelligenz verarbeiten kann.

Lassen sich diese Vorteile auch anderswo einsetzen?

Die Expert*innen der JOANNEUM RESEARCH haben akustische Sensoren auch in anderen Umgebungen erfolgreich getestet. So lassen sich zum Beispiel Haltestellen, uneinsichtige Straßenecken oder Tiefgaragen gut akustisch überwachen. Das System ist dasselbe: Die Sensoren orten ungewöhnliche Geräusche wie Schreie, splitterndes Glas oder Ähnliches und schlagen an der entsprechenden Stelle Alarm.

Auch Vandalismus wie Graffiti lässt sich mit akustischen Sensoren eindämmen. Graffiti verursacht extrem hohe Kosten für geschädigte Firmen und öffentliche Institutionen. Die Forscher*innen der JOANNEUM RESEARCH entwickelten ein Produkt, um diese Art des Vandalismus rasch aufzuspüren. Das akustische Graffiti-Detektionssystem „Graffiti Buster“ ortet Sprüher*innen schon beim Schütteln der Spraydose. Nach nur zwei Sekunden Sprühen alarmiert das System. Auch bei verwinkelter Lage der Objekte können die Mikrofone „um die Ecke“ hören. Die Mikrofone sind wetterfest, können auch an mobilen Objekten, wie Straßenbahn- oder Zugwaggons, installiert werden und liefern keine sensiblen Daten hinsichtlich der Privatsphäre unbeteiligter Personen.

Informationen:
https://www.akut-tunnel.com/
www.joanneum.at

Franz Graf ist der „Vater“ der genialen Technologie AKUT, die für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgt.